Erklärvideo: Die Nürnberger Prozesse - einfach erklärt
Die Nürnberger Prozesse sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Bis dato war der Tatbestand der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit juristisch nicht eindeutig, oder gar nicht definiert. Gleichzeitig sollte den Angeklagten aber ein faires, rechtsstaatliches Verfahren gewährt werden, während die Welt über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufgeklärt und eine rechtliche Grundlage für den Umgang mit zukünftigen Kriegen gefunden wird. Zum ersten Mal standen außerdem führende Mitglieder einer Regierung vor einem internationalen Gericht.
Der Hauptkriegsverbrecherprozess gegen 21 hochrangige Vertreter des NS-Staates wurde vom 20. November 1945 bis 1946 im Schwurgerichtssaal 600 im Nürnberger Justizpalast verhandelt. Die Nachfolgeprozesse waren 1949 abgeschlossen. Im ersten Prozess sollten vier Richter und vier Hilfsrichter pro Siegermacht die persönliche Schuldfrage klären und eine entsprechende Strafe finden.
Die Anklagepunkte bezogen sich auf in diesem Ausmaß noch nie dagewesene Verbrechen. Dazu zählten die Planung und Durchführung eines Vernichtungskrieges, der systematische Mord an ganzen Bevölkerungsgruppen, und Verbrechen wie die Verschleppung der Zivilbevölkerung oder die Zerstörung ganzer Städte.
Die Aufgabe der vier Anklage-Teams war nicht leicht. Die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg wurden zwar quasi vor den Augen der ganzen Welt begangen, waren gut dokumentiert und es gab viele Zeug*innen – aber trotzdem war eine Verurteilung nicht sicher, denn die Rechtsgrundlage für die Prozesse wurde erst mit der Londoner Charta geschaffen und war noch nicht erprobt. Die Prozesse waren darum besonders wichtig, um auf im Krieg begangene Verbrechen eine rechtliche Antwort zu finden.
Die unterschiedlichen Strafmaße machten dann klar: Hier wurde keine Rache an den Besiegten geübt, sondern auf Basis der vorliegenden Dokumente und Aussagen geurteilt. Dieser Eindruck wird auch durch die Verteidiger gestärkt: Alle machten Ihre Aufgabe freiwillig und hatten die unterschiedlichsten Beweggründe für ihre Teilnahme an den Prozessen.
Nicht zuletzt ist aber auch die Presse zu nennen. Von Anfang an war den Alliierten ihre Bedeutung bewusst. Um eine möglichst lückenlose Berichterstattung zu gewährleisten, wurden Büros, Unterbringungsmöglichkeiten und zusätzliche Sitzplätze für die Medienvertreter*innen geschaffen. Und das Interesse war groß: Reporter*innen aus über zwanzig Nationen reisten an und berichteten für Zeitungen, Hörfunk und sogar Film. Die Weltöffentlichkeit konnte sich so ein detailliertes Bild der Prozesse und aller Beteiligten machen.
Und noch eine Besonderheit ist zu erwähnen: Aufgrund der Internationalität der Prozessbeteiligten wurde von einem Team aus Dolmetscherinnen und Dolmetschern erstmalig simultan in alle Verhandlungssprachen übersetzt. Eine sehr schwere Aufgabe, zumal viele der Dolmetscher*Innen selbst vom Krieg betroffen waren.
Trotz des überwältigenden Medienechos und der Vorreiterrolle der Prozesse, zum Beispiel für den Internationalen Gerichtshof in Den Haag, wäre es aber falsch von einer Erfolgs-Story zusprechen. Zwar bekennen sich heute die meisten Staaten zu den Menschenrechten und dem Völkerrecht – die Umsetzungen stößt in der Außenpolitik und den Interessen einzelner Staaten aber leider häufig an Ihre Grenzen.
Umso wichtiger ist es, weiter über die Nürnberger Prozesse und ihre Bedeutung für unsere Zukunft zu sprechen.