Leitzins - einfach erklärt

Das ist Familie Kemper. Herr und Frau Kemper haben Geld geerbt und möchten es gerne anlegen. Sie wundern sich, dass die Zinsen auf Sparguthaben über die Jahre immer wieder steigen und sinken. Aus den Nachrichten haben sie mitbekommen, dass das etwas mit dem Leitzins zu tun hat. Manchmal fallen dabei auch die Namen Fed oder EZB. Was all dies eigentlich bedeutet ist ihnen aber nicht so ganz klar. 

 

Leitzinsen sind ein geldpolitisches Steuerungsinstrument. Sie dienen unter anderem dazu, die Preise im Wirtschaftssystem möglichst stabil zu halten. Der Leitzins wird von der jeweiligen Zentralbank festgelegt. In den USA tut das die Federal Reserve, kurz Fed genannt. In Europa ist dafür die Europäische Zentralbank, kurz EZB, zuständig. Sie ist unabhängig von den Regierungen der EU-Länder. 

 

Der Leitzins ist eine Art Orientierungshilfe für die Banken bei der Festlegung von Zinsen. Bei einem niedrigen Leitzins der EZB können die Banken den Firmen oder Privathaushalten günstige Kredite geben. Andererseits sind dann auch die Zinsen auf Sparguthaben niedrig. Wenn der Leitzins hoch ist, ist es umgekehrt. 

Doch warum ändert denn die Zentralbank den Leitzins? Das macht sie, um Preisschwankungen entgegenzuwirken. Es soll weder dauerhaft sinkende Preise, noch dauerhaft steigende Preise geben. Wenn die EZB den Leitzins senkt, können die Banken bei ihr günstig Kredite aufnehmen. Es kommt also mehr Geld in Umlauf. Gleichzeitig werden die Menschen dazu bewegt, Geld auszugeben. Es anzulegen lohnt sich in diesem Fall nämlich nicht. So soll die Wirtschaft in Schwung kommen. Dieser Mechanismus funktioniert natürlich auch andersherum. Wenn die EZB den Leitzins erhöht, sollen dadurch die Konjunktur und die Preissteigerung gedämpft werden.

 

Die Experten streiten sich darüber, ob dies tatsächlich funktioniert. Die Wirtschaft wird schließlich noch von einer Menge anderer Faktoren beeinflusst. Im Euro-Raum gibt es eine besondere Schwierigkeit: Die Wirtschaftskraft der einzelnen Länder ist nämlich sehr unterschiedlich. Deshalb kann es den Staaten mit finanziellen Problemen zwar helfen, wenn der Leitzins gesenkt wird. Sie kommen dann nämlich leichter an Kredite. Die Einwohner der reicheren Länder müssen dagegen fürchten, dass ihr Geld an Wert verliert. Sie können es nämlich nur mit sehr wenig Gewinn anlegen, so wie die Kempers zur Zeit auch. Zudem gibt es die Befürchtung, dass bei einem niedrigen Leitzins leicht Spekulationsblasen entstehen können. Wenn die Sparzinsen niedrig sind, wird Geld beispielsweise zunehmend in Immobilien oder Wertpapieren angelegt. 

 

Die Kempers haben sich schon bei mehreren Banken über Anlagemöglichkeiten informiert. Jetzt wissen sie, dass die Sparzinsen zur Zeit so ungewöhnlich niedrig sind, weil die EZB den Leitzins seit Monaten senkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Was sie nun mit dem Erbe machen, bleibt also eine schwierige Entscheidung.