Erklärvideo: Proteste in der Türkei - einfach erklärt

In letzter Zeit sorgen Nachrichten aus der Türkei immer wieder für Schlagzeilen. Meist mit Berichten und Bildern über Proteste, bei denen Gewalt im Spiel ist. Es stehen sich Staatsgewalt und Bürger gegenüber. Aber worum geht es da?

 

Ein kurzer Überblick: Angefangen haben die Proteste Ende Mai 2013. Damals wollte die Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den Gezi-Park in Istanbul bebauen. Dagegen wandten sich viele Bürger, gerade junge Umweltschützer, die den Park erhalten wollten. Sie demonstrierten friedlich, übernachteten und initiierten Protestaktionen im Park. Die Regierung sah darin einen Angriff und schritt mit Staatsgewalt ein. Es gab einen Toten und viele Verletzte. Der Protest wurde auf dem Taksim-Platz und anderen Teilen der Türkei fortgeführt.

 

Ende 2013 wurde die Türkei von einer Korruptionsaffäre erschüttert. Dutzende Verdächtige aus dem Umfeld von Erdogans Partei AKP wurden festgenommen. Auch Erdogan und seiner Familie wurde Korruption unterstellt. Den Betroffenen wird vorgeworfen, Umgehungsgeschäfte mit dem Iran abzuwickeln, indem sie für iranisches Erdöl mit Gold bezahlen. Damit würden sie die von den Vereinten Nationen und der EU erlassenen Sanktionen gegen den Iran im Zahlungsverkehr vermeiden. Der Skandal hatte zum Rücktritt von vier Ministern geführt. 

Die Regierung reagierte mit der Versetzung zahlreicher Staatsanwälte und Polizisten, die mit den Ermittlungen befasst waren. Die Bürger protestierten gegen den Korruptionsskandal, der Protest wurde gewaltsam niedergeschlagen.

Im Mai 2014 hat die Türkei das schwerste Grubenunglück in der Geschichte des Landes erschüttert. Im Bergwerk in Soma starben über 300 Bergleute. Daraufhin protestierten viele Bürger landesweit gegen die schlechten Arbeitsbedingungen im Bergbau. Der Staat reagierte erneut mit Gewalt auf die Proteste.

 

Es kristallisiert sich ein Gefälle zwischen Erdogans konservativen und autoritärem Führungsstil, den viele konservative Türken befürworten und einer jungen Demokratie-Bewegung, die für mehr Gerechtigkeit, Meinungsfreiheit und Selbstbestimmung eintritt, heraus. Erdogans Anhänger halten ihm den wirtschaftlichen Aufschwung zugute. Die Gegner sehen darin nur eine mittelfristige Lösung, da er viele ausländische Investoren ins Land geholt hat und dadurch keine Stabilität von innen herbeigeführt hat.

 

Seit 2005 bemüht sich das Land um eine Aufnahme in die EU. Kritiker argumentieren, dass die Bürger-und Menschenrechtslage noch nicht ausreichend stabil ist, um eine problemlose Eingliederung in die EU zu erreichen. In diesem Zusammenhang wurde auch die durch die Regierung erlassene Twitter-und Youtube-Blockade stark kritisiert, die im Frühjahr 2014 verhängt wurde. Das Verfassungsgericht hat die Blockaden inzwischen aufgeboben. Befürworter für den EU-Beitritt halten dagegen, dass die demokratische Bewegung um die Taksim-Demonstranten jetzt durch eine Absage nicht verprellt werden darf, sondern unterstützt werden muss, damit sich die Türkei weiter demokratisieren kann.

 

Wie in der Türkei auch liegt Protesten fast immer eine Unzufriedenheit über die Gesamtsituation eines Landes zugrunde. Bestenfalls schaffen es alle beteiligten Parteien, einen friedlichen Konsens zu finden.